Wie mittlerweile auch die Tagespresse berichtet, ist die Situation in der weltweiten Containerschifffahrt seit geraumer Zeit sehr angespannt. Wir haben dazu mit unserer Abteilungsleiterin Seefracht, Frau Melanie Esche, speziell über Importe aus Fernost gesprochen.
FRAU ESCHE, WIE IST ES MIT DER VERFÜGBARKEIT VON CONTAINERN UND FRACHTRAUM?
Die Lage ist seit Anfang des Jahres sehr angespannt. Wir hatten mit einer Entspannung nach Chinese New Year 2021 gerechnet, dies blieb allerdings aus und die Situation hat sich danach immer weiter zugespitzt.
WIE WIRKT SICH DAS AUF DIE VORNOTIZZEIT AUF SCHIFFSRAUMBUCHUNGEN AUS?
Wir buchen heute, also KW 33, Container für die Verschiffung Anfang Oktober. Also haben wir schon eine Vornotiz von mindestens 6 Wochen. Wobei die Carrier zwar Buchungen bestätigen, aber immer noch fraglich ist, ob das benötigte Equipment zum Zeitpunkt der Verladung auch vorhanden ist. Auch spielt die Rate eine enorme Rolle. Im Vergleich günstige Carrier sind teilweise überhaupt nicht buchbar. Die Wahrscheinlichkeit der Verladung ist im hochpreisigen Segment eher gegeben. Eine Garantie der Verladung gibt es allerdings nicht. Es werden auch Container kurzfristig auf das nächste oder sogar übernächste Schiff gerollt. Auch spielen temporäre? Hafenschließungen eine große Rolle in der Problematik.
WIE HABEN SICH DIE FRACHTPREISE IM IMPORT AUS FERNOST SEIT CORONA, ALSO FRÜHJAHR 2020 ENTWICKELT?
Beispielsweise ab Shanghai bis Hamburg für eine 20er Standard Box in 02/20 USD 850, in 09/20 USD 1100, in 02/21 USD 4350 und für 09/21 USD 8400. Das ist eine Verzehnfachung in 17 Monaten.
WELCHE AUSWIRKUNGEN HABEN DIE UMSTÄNDE IN FERNOST AUF DIE NACHFOLGENDEN HÄFEN?
Durch die großen Verzögerungen der Schiffe und die Änderung der Routings sind auch unsere deutschen Häfen betroffen. Die Schiffe stauen sich vor den Häfen. Die Liegezeiten haben sich auf bis zu einer Woche verlängert, früher 2-3 Tage. Einige Reeder haben darauf reagiert und fahren nun Hamburg nicht mehr an. Stattdessen werden die Import Container nun in Bremerhaven und zum Teil auch in Wilhelmshaven gelöscht. Dies hat erhöhte Kosten für den Weitertransport der Container ins Inland zur Folge. Außerdem dauern
die Zollabfertigungen in den Häfen seit einigen Wochen enorm lange (bis zu einer Woche). Dies wiederum zieht Kosten für Umfuhren zum Zoll oder Lagergelder nach sich. Die Export Container werden weiterhin in Hamburg geladen.
WAS IST IHRER MEINUNG NACH DIE URSACHE FÜR DIESE SITUATION?
Die gewachsene Funktion des Welthandels wurde durch Corona nachhaltig gestört. Die Blockade im Suez Kanal durch das havarierte Evergreen-Schiff hat ihren Teil dazu beigetragen, dass die Fahrpläne der Carrier durcheinander geraten sind. Die hohe Nachfrage der USA nach Produkten aus China führt zu einer Verknappung der Container-Verfügbarkeit für den Westbound aus China Richtung nach Europa. Viele Leercontainer verbleiben in den USA, weil der entsprechende Export fehlt. Corona ist auch immer noch ein großes Thema. Teilweise wurden große Umschlagshäfen aufgrund der hohen Infektionszahlen geschlossen. Die Schiffe liegen vor den Häfen oder fahren diese gar nicht an oder die Routings der Schiffe werden verändert. Das führt teilweise zu drastischen Verzögerungen im gesamten Umlauf der Schiffe.
WIE SCHÄTZEN SIE DIE ENTWICKLUNG FÜR DEN REST DES JAHRES 2021 EIN?
Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Lage bis Ende des Jahres entspannen wird. Vielleicht nach Chinese New Year 2022, wenn wir Glück haben.
WIE IST DIE SITUATION IN ANDEREN FAHRTGEBIETEN?
Die Situation im Export zum Beispiel im Verkehr nach USA/Canada oder Südamerika ist momentan auch katastrophal. Die meisten Reeder nehmen keine Buchungen an, da die Schiffe 6 bis 8 Wochen im Voraus ausgebucht sind. Die Situation im Eastbound Richtung Fernost hat sich wieder etwas entspannt.